Berlin, 12.01.2022

Das Bundesverfassungsgericht hat die Unvereinbarkeit des Umschlagverbots für Kernbrennstoffe in den bremischen Häfen mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland festgestellt. Die am 11. Januar 2022 zugestellte höchstrichterliche Entscheidung bestätigt die Auffassung des Branchenverbandes KernD e.V. sowie seiner Mitgliedsunternehmen Advanced Nuclear Fuels mbH (ANF), GNS Gesellschaft für Nuklear-Service mbH (GNS) und Orano NCS GmbH, die gegen das Umschlagverbot geklagt hatten.

Mit seinem Beschluss hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts das 2012 in das Bremische Hafenbetriebsgesetz eingeführte Umschlagsverbot betreffend Be-, Ent- und Umladen von Kernbrennstoffen in den Bremischen Häfen für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig erklärt. Das Bundesverfassungsgericht stellt klar, dass die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die friedliche Nutzung der Kernenergie sämtliche kernenergierelevanten Sachverhalte umfasst und damit auch den Transport und den Umschlag von Kernbrennstoffen. Dem Bund obliegt damit die Risikobewertung aller mit dem Transport radioaktiver Stoffe zusammenhängender Vorgänge und die Festlegung der daraus abzuleitenden Genehmigungsvoraussetzungen zur Gewährleistung eines sicheren Transports. Die Länder dürfen die Risikobewertungen des Bundes nicht durch eigene, davon abweichende Risikobewertungen unterlaufen.

KernD begrüßt die Entscheidung, weil sie die erforderliche Rechts- und Planungssicherheit für die Durchführung der weiterhin erforderlichen Transporte radioaktiver Stoffe sicherstellt. Sie ermöglicht, dass künftig die Auswahl von Häfen für den Umschlag radioaktiver Stoffe wieder nach Effizienzgesichtspunkten erfolgen kann.

Rechtlicher Hintergrund:

Das Umschlagsverbot für Kernbrennstoffe in Bremischen Häfen wurde 2012 mit dem neuen § 2 Abs. 3 in das Bremische Hafenbetriebsgesetz eingeführt. Mit seinem Beschluss vom 7. Dezember 2021 (Az: 2 BvL 2/15) hat der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts nunmehr das Umschlagsverbot für mit Art. 71 und Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar und nichtig erklärt.

Das Bundesverfassungsgericht bestätigt die Auffassung des Verwaltungsgerichts Bremen und der Kläger im Ausgangsverfahren, dass dem Bund in Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 GG die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für sämtliche kernenergierelevanten Sachverhalte zugewiesen ist, auch für Transport und Umschlag von Kernbrennstoffen. Die Länder dürfen von den vom Bund festgelegten Grundsatzentscheidungen für den sicheren Transport radioaktiver Stoffe nicht abweichen und diese nicht durch eigene Risikobewertungen unterlaufen. In seiner Wirkung ist das Verbot in § 2 Abs. 3 Bremer Hafenbetriebsgesetz eine atomrechtliche Regelung, die nicht auf die Kompetenz der Länder für das öffentliche Sachenrecht gestützt werden kann.

Das Bundesverfassungsgericht unterstreicht außerdem, dass nach § 4 Abs. 2 Nr. 6 AtG der Bund und nicht ein Land entscheidet, ob der Beförderungsgenehmigung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.

Das Gericht nimmt ferner das Umschlagsverbot zum Anlass, auf seine ständige Rechtsprechung zur Bundestreue hinzuweisen. Danach verpflichtet die Bundestreue Bund und Länder, bei der Wahrnehmung ihrer Gesetzgebungskompetenzen auf das Gesamtinteresse des Bundesstaates die gebotene und ihnen zumutbare Rücksicht zu nehmen. Dies beinhaltet die Verpflichtung der Länder, „Maßnahmen zu unterlassen, mit denen im Wege der Bildung eines Landesstaatswillens politischer Druck auf Bundesorgane ausgeübt wird, die von ihnen unter Inanspruchnahme einer Bundeskompetenz getroffenen Sachentscheidungen zu ändern“.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Dezember 2021 ist von grundsätzlicher Bedeutung. Sie betrifft nicht nur den Umschlag von Kernbrennstoffen in Häfen, sondern ganz allgemein auch die Nutzung der Verkehrsinfrastruktur für Transporte radioaktiver Stoffe.

Die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens werden anwaltlich von Prof. Dr. Christoph Moench/SammlerUsinger sowie von Dr. Marc Ruttloff/Gleiss Lutz vertreten.

Pressekontakt:

Nicolas Wendler

Tel.: +49 172 237 91 84

E-Mail: presse@kernd.de

Betriebsergebnisse der Kernkraftwerke in Deutschland für das Jahr 2021  (PDF, 22,64 KB)

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