Entsorgung radioaktiver Abfälle

Juli 2017

Den Vorteilen der zuverlässigen und sauberen Energiegewinnung durch Kernspaltung steht die Herausforderung einer sicheren Endlagerung der radioaktiven Endprodukte gegenüber. Erkundung, Errichtung und Betrieb von Endlagern sind in Deutschland staatliche Aufgaben. Die Kosten für die Entsorgung werden von den Abfallverursachern getragen. Im Fall der Kernkraftwerke erfolgt dies durch die Einzahlung der dafür vorgesehen Mittel zuzüglich eines Risikoaufschlags von 35 Prozent in den „Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung“, der mit dem Entsorgungsfondsgesetz als Stiftung öffentlichen Rechts gegründet wurde. Die Gesamtsumme, die Anfang Juli 2017 an den Entsorgungsfonds übertragen wurde, beträgt rund 24,1 Milliarden Euro. Aus den Mitteln des Fonds, die dieser selbst verwaltet, werden künftig die Kosten für Zwischen- und Endlagerung einschließlich der Standortauswahl getragen.

Die bei der Stromerzeugung in Kernkraftwerken anfallenden abgebrannten Brennelemente zählen wie der Großteil der verglasten Abfälle aus der Wiederaufarbeitung zu den hochradioaktiven Stoffen. Sie machen einen Anteil von rund 10 Prozent am Abfallvolumen aus, enthalten jedoch mehr als 99 Prozent des gesamten Radioaktivitätsinventars.

Über 90 Prozent des in Deutschland anfallenden Volumens radioaktiver Abfälle sind schwach- und mittelradioaktiv. Rund zwei Drittel dieser Abfälle stammen aus dem Betrieb und Rückbau von Kernkraftwerken sowie aus der kerntechnischen Industrie, beispielsweise benutzte Schutzkleidung, Filter, Werkzeuge oder ausgediente Anlagenteile. Der übrige Anteil fällt bei der Forschung, in industriellen Prozessen und der medizinischen Anwendung von Radionukliden an.

Darüber hinaus werden im Nationalen Entsorgungsprogramm des Bundes (NaPro) vorsorglich zwei weitere Kategorien von möglichen Abfällen genannt, die eine Sonderstellung haben, da nicht sicher ist, ob sie tatsächlich als Abfälle anfallen werden. Zum einen handelt es sich um das abgereicherte Uran, das bei der Urananreicherung in Gronau anfällt. Dieses schwach-radioaktive Material ist ein Wertstoff und kann in chemisch stabiler Form schadlos gelagert werden. Als Wertstoff kann es erneut in die Anreicherung gegeben werden, um weiteres Uran 235 zu gewinnen, und der Hauptbestandteil Uran 238 kann in künftigen Reaktorgenerationen ggf. außerhalb Deutschlands zur Stromerzeugung genutzt werden.

Die andere Kategorie umfasst die radioaktiven Abfälle, die aus dem Bergwerk Asse II zurückgeholt werden sollen. Die Rückholung wurde mit dem „Gesetz zur Beschleunigung der Rückholung radioaktiver Abfälle und der Stilllegung der Schachtanalage Asse II“ vom April 2013 gesetzlich vorbereitet und wurde seitdem von den Betreibern BfS/Asse GmbH bzw. nunmehr unter dem Dach der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) vorbereitet. Da allerdings der Prozess der Rückholung aufwendig und langwierig sowie aufgrund der bergbaulichen Situation in der Asse mit erheblichen Risiken behaftet ist, kann nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Abfälle tatsächlich zurück geholt werden. Das Endlager Konrad ist für diese beiden Arten potentiell anfallender radioaktiver Abfälle nicht vorgesehen.

Schließlich könnte auch noch eine weitere Kategorie schwach- und mittalradioaktiver Abfälle endgelagert werden müssen, die aufgrund des Zeitpunkts ihres Anfalls oder auch besonderer Nuklidzusammensetzungen und/oder ihrer chemischen Beschaffenheit nicht für eine Einlagerung in das Endlager Konrad geeignet sind. Ob solche Abfälle überhaupt anfallen werden, ist heute noch nicht absehbar.

Für die langzeitsichere Lagerung der Abfälle sind bestimmte geologische Eigenschaften notwendig. International herrscht darüber Einigkeit, hochradioaktive Abfälle in tiefen geologischen Formationen endzulagern, um sie dauerhaft zu isolieren. Dieser Entsorgungspfad wird auch in Deutschland verfolgt. Als Wirtsgesteine kommen Salz, Ton oder Granit in Frage. Gesucht wird in Tiefen von mindestens 300 Metern unterhalb der Geländeoberfläche. Ziel der Tiefenlagerung ist, schädliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt für lange Zeiträume auszuschließen. Außerdem müssen seismische und geologische Bedingungen sowie das Isolationsvermögen des Gesteins stimmen. Deutschland hat sich darüber hinaus entschieden, auch schwach- und mittelradioaktive Abfälle tief untertägig zu lagern.

Juli 2017

Zwischenlagerung – ein wichtiges Glied in der Kette

Bei der Stromerzeugung aus Kernenergie, bei industriellen Prozessen sowie in Forschung und Medizin fallen radioaktive Abfälle an, die bis zur Einrichtung von Endlagern in Zwischenlagern aufbewahrt werden. Bei der Art der Abfälle wird zwischen hochradioaktivem Material mit Wärmeentwicklung – beispielsweise den verbrauchten Brennelementen aus der Kernenergiestromerzeugung – und mittel- oder schwachradioaktiven Abfällen mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung unterschieden.

Radioaktive Abfälle werden in Deutschland in unterschiedlichen Zwischenlagern aufbewahrt: Neben den drei zentralen Einrichtungen in Gorleben, Ahaus und Lubmin gibt es zwölf Lager an den Kernkraftwerksstandorten und elf Zwischenlager von Industrie und Forschungseinrichtungen. Hinzu kommen die zwölf Landessammelstellen, die hauptsächlich Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung annehmen. Die Zwischenlagerung von radioaktiven Abfällen in Deutschland ist bis zur Abgabe an das Endlager Konrad für schwach- und mittelradioaktive Abfälle, das in den 20er Jahren betriebsbereit sein wird, sowie bis zur Verfügbarkeit eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle ein wichtiges Glied in der Entsorgungskette. Bis alle Behälter mit radioaktivem Material ihrem Endlager zugeführt werden können, werden sie in den Zwischenlagern sicher aufbewahrt. Mit den Behälterkonzepten sowie den baulichen Maßnahmen an den jeweiligen Standorten erfüllt Deutschland zum Schutz von Mensch und Umwelt nicht nur internationale Standards, sondern ist in vielen Bereichen Vorreiter in der Sicherheitstechnik.

Zuständigkeiten

Grundsätzlich geregelt ist der Umgang mit radioaktivem Material im Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) sowie im Atomgesetz (AtG). Hierüber sind Grundsätze und Anforderungen für Vorsorge- und Schutzmaßnahmen geregelt, die bei der Nutzung und Einwirkung radioaktiver Stoffe und ionisierender Strahlung zivilisatorischen und natürlichen Ursprungs Anwendung finden. Die Entsorgung radioaktiver Abfälle ist gesetzlich geregelt. Bei der Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle müssen die Zwischenlager, die Behälter sowie die Einlagerung von der jeweils zuständigen Behörde gesondert genehmigt werden.

Art der Abfälle


Man unterscheidet zwischen zwei Arten von radioaktiven Abfällen. Auf der einen Seite die hochradioaktiven wärmeentwickelnden Abfälle, zu denen die Brennelemente aus den Reaktoren zählen. Diese machen ungefähr zehn Prozent des anfallenden nuklearen Abfallvolumens aus, enthalten jedoch 99 Prozent der gesamten Radioaktivität.

Die übrigen 90 Prozent des nuklearen Abfalls sind schwach- und mittelradioaktiv. Sie entstehen zum Beispiel bei der Arbeit in Kernkraftwerken – etwa Schutzkleidung, Werkzeuge oder Filter – oder bei deren Rückbau. Auch Medizin, Forschung und Industrie setzen sogenannte Radionuklide ein, die nach ihrer Verwendung fachgerecht als radioaktiver Abfall entsorgt werden müssen.

Aufbewahrung der Abfälle

Für die ausgedienten Brennelemente ist die erste Station auf dem Weg der Entsorgung die Lagerung im Brennelementlagerbecken im Reaktorgebäude. In dem mit Wasser gefüllten Becken werden sie aufbewahrt, bis ihre Radioaktivität und Wärmeproduktion so weit abgeklungen sind, dass sie in Transport- und Lagerbehälter umgeladen werden können, um anschließend in den Zwischenlagern an den Kernkraftwerkstandorten gelagert zu werden.

Die Behälter sorgen dabei für den sicheren Einschluss der radioaktiven Stoffe. So sind die CASTOR®-Behälter mit einem ständig überwachten Doppeldeckeldichtsystem ausgestattet, um Freisetzungen auszuschließen.

Die Behälter sind so ausgelegt, dass sie selbst extremen Einwirkungen von außen, wie zum Beispiel bei Transportunfällen, Feuer oder einem Flugzeugabsturz, standhalten. Sie erfüllen damit die hohen Anforderungen der weltweit gültigen Gefahrgutkriterien der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA).

Schwach- und mittelradioaktive Abfälle werden bis zu ihrer Abgabe an das Endlager Konrad in den Zwischenlagern je nach Aktivität und Volumen unter anderem in Stahlfässern, MOSAIK®-Behältern und Containern gelagert.

BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung

Im Zusammenhang mit der Neuordnung der Verantwortung der kerntechnischen Entsorgung wurde vereinbart, dass die Zentralen Zwischenlager in Gorleben und Ahaus, die dezentralen Zwischenlager für abgebrannte Brennelement an den Standorten der Kernkraftwerke sowie die Abfalllager für die schwach- und mittelaktiven Abfälle von der BGZ übernommen und geführt werden. Die zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes befindliche BGZ ist dann für die sichere Lagerung der Abfälle bis zur Verbringung in die vorgesehenen Endlager zuständig sein. Am 1. August 2017 hat die BGZ die zentralen Zwischenlager in Gorleben und Ahaus übernommen, die Standortzwischenlager werden am 1. Januar 2019, die Abfalllager am 1. Januar 2020 folgen. Die Betreiber bleiben  weiterhin für die fachgerechte Konditionierung der Abfälle und ihre Bereitstellung in den entsprechenden Behältern verantwortlich.

Zentrale Zwischenlager

In den drei zentralen Zwischenlagern in Gorleben (Niedersachsen), Ahaus (Nordrhein- Westfalen) und Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) wird unter anderem hoch radioaktiver Abfall zwischengelagert.

Zwischenlager Gorleben

Neben dem weitaus bekannteren Salzstock Gorleben, der von 1979 bis 2000 und von 2010 bis 2012 als Endlager für hochradioaktive Abfälle erkundet wurde und der derzeit für eine mögliche Berücksichtigung im Standortauswahlverfahren offen gehalten wird, beherbergt die wendländische Gemeinde auch ein Zwischenlager zur Aufbewahrung von verbrauchten Brennelementen aus Kernkraftwerken sowie hochradioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung. In Zusammenhang mit dem Standortauswahlgesetz (StandAG) dürfen keine weiteren Wiederaufarbeitungsabfälle im Transportbehälterlager Gorleben angeliefert werden. Diese Abfälle müssen in Zwischenlager an den Kernkraftwerksstandorten verbracht werden. Die mittelradioaktiven Abfälle aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague sollen am Standort Philippsburg gelagert werden, die verbleibenden 21 Behälter mit hochradioaktiven Abfällen aus der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield werden gleichmäßig auf die Zwischenlager an den Standorten Biblis, Brokdorf und Isar aufgeteilt. Ebenfalls am Standort wird das Abfalllager Gorleben betrieben. Hier werden Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung zwischengelagert, die vor allem aus dem Betrieb deutscher Kernkraftwerke stammen.

Zwischenlager Ahaus
Das Zwischenlager Ahaus befindet sich auf dem Gebiet der Stadt Ahaus im westlichen Münsterland. Neben ausgedienten Brennelementen werden in Ahaus auch schwach- und mittelradioaktive Abfälle aufbewahrt. 

Zwischenlager Nord bei Lubmin
Das staatliche Zwischenlager Nord bei Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern diente ursprünglich zur Aufnahme von radioaktiven Abfällen aus den stillgelegten Kernkraftwerken der DDR. Heute werden direkt am Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks Greifswald Brennelemente aus Kernkraftwerken und Forschungseinrichtungen sowie dem Forschungsschiff „Otto Hahn“ aufbewahrt. Zudem dient das Zwischenlager Nord als Notfalllager. Würden beispielsweise bei Grenzkontrollen nicht genehmigte Kernbrennstoffe gefunden, würden sie zur Zwischenlagerung nach Lubmin kommen. Beim Zwischenlager Nord ist kein Betreiberwechsel vorgesehen, es wird auch in Zukunft von der bundeseigenen Entsorgungswerk für Nuklearanlagen GmbH (EWN) betrieben.

Dezentrale Zwischenlager

 Zwischenlager an Kernkraftwerksstandorten

Seit 2005 ist die Abgabe von verbrauchten Brennelementen ins Ausland zur Wiederaufbereitung untersagt. Gleichzeitig wurden die Kernkraftwerksbetreiber verpflichtet, an den Standorten der Kernkraftwerke Brennelement-Zwischenlager zu errichten. Ihrer Verpflichtung kamen die Betreiber nach umfangreichen Genehmigungsverfahren nach. Zusätzlich zu den Brennelement-Zwischenlagern gibt es an einigen Standorten auch noch Standortabfalllager, die für die geplanten oder bereits laufenden Rückbauprojekte vorgesehen sind.

  

Die Rückführung deutscher Wiederaufarbeitungsabfälle aus Großbritannien und Frankreich

Die Brennelemente der Kernkraftwerke haben nach mehreren Betriebsjahren ausgedient und werden ausgetauscht. Bis 2005 war die Wiederaufarbeitung von Brennelementen ein gesetzlich vorgesehener Entsorgungsweg, bis 1994 sogar der vorgeschriebene. Die verbrauchten Brennelemente wurden dazu nach Frankreich und Großbritannien transportiert und dort wiederaufgearbeitet. Neben dem wieder verwertbaren Kernbrennstoff in den Brennelementen fallen bei der Wiederaufarbeitung auch radioaktive Abfälle an, zu deren Rücknahme sich die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich verpflichtet hat. Mit dem sicheren und zuverlässigen Transport der hochradioaktiven Abfälle in CASTOR®­Behältern nach Deutschland wird diese Verpflichtung erfüllt.

In den kommenden Jahren stehen noch einige solche Transporte an. Weitere und aktuelle Informationen finden Sie hier.

Weitere Zwischenlager und Landessammelstellen
Neben den Einrichtungen der kerntechnischen Industrie betreiben auch Forschungseinrichtungen Zwischenlager für radioaktive Stoffe aus der Forschung. Die Bundesländer sind verpflichtet, für die in ihrem Gebiet anfallenden schwach- und mittelradioaktiven Abfälle aus Medizin, Forschung und Industrie Landessammelstellen einzurichten. Insgesamt gibt es zwölf Landessammelstellen, die entweder von einzelnen Ländern selbst, im Verbund oder von privaten Unternehmen im Auftrag des jeweiligen Landes betrieben werden. Die Bundesländer bleiben aber in jedem Fall uneingeschränkt rechtlich verantwortlich.

Sicherheit

Der Schutz von Mensch und Umwelt ist oberstes Gebot. Das Konzept der Zwischenlagerung sieht deshalb vor, den sicheren Einschluss und die Rückhaltung der radioaktiven Stoffe sowie die erforderliche Abschirmung der ionisierenden Strahlung jederzeit zu gewährleisten. Zentraler Baustein sind die Transport- und Lagerbehälter. Darüber hinaus gewährleisten die Auslegung der Lagergebäude und deren technische Einrichtungen Sicherheit bei der Zwischenlagerung. Ergänzt wird das Sicherheitskonzept um administrative Vorkehrungen. Die Zwischenlagerung wird vorschriftsmäßig und ständig von den Betreibern überwacht und von den Aufsichtsbehörden kontrolliert – die Sicherheit ist somit jederzeit gewährleistet.

Auch im Fall von auslegungsüberschreitenden Ereignissen greift das Schutzkonzept:
Im Rahmen eines Stresstests für Anlagen und Einrichtungen der Ver- und Entsorgung in Deutschland kam die vom Bundesumweltministerium eingesetzte Entsorgungskommission (ESK) in ihrer Stellungnahme vom 14. März 2013 zu diesem Fazit:
„…Die Zwischenlagerung der bestrahlten Brennelemente und Wärme entwickelnden Abfälle erfolgt auf Basis eines robusten Schutzkonzeptes, bei dem die Einhaltung der grundlegenden Schutzziele während der Lagerung im bestimmungsgemäßen Betrieb und bei Störfällen primär durch die dickwandigen metallischen Behälter sichergestellt wird. Die Auslegung der Behälter stellt weiterhin sicher, dass auch bei auslegungsüberschreitenden Ereignissen keine einschneidenden Maßnahmen des Katastrophenschutzes erforderlich werden.

Die auf Basis der vorgelegten Unterlagen durchgeführten Untersuchungen und Bewertungen der ESK haben gezeigt, dass die Zwischenlager für bestrahlte Brennelemente und Wärme entwickelnde Abfälle in fast allen Lastfällen das höchste Stresslevel erfüllen bzw. den höchsten Schutzgrad erreichen…“

Zwischenlager, die Kernbrennstoffe enthalten werden zusätzlich von Europäischen Atomgemeinschaft EURATOM und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) im Hinblick auf die so genannte Non-Proliferation überwacht, also die Nicht-Verbreitung von spaltbarem Material. Mit der Spaltstoffüberwachung soll sichergestellt werden, dass spaltbares Material nicht für militärische Zwecke genutzt oder missbraucht wird.

Strahlenexposition

Für alle kerntechnischen Anlagen gilt: Die zusätzliche effektive Strahlendosis für die Bevölkerung darf mit den ungünstigsten Annahmen den in der Strahlenschutzverordnung festgelegten Grenzwert von 1 Millisievert (1 mSv = ein Tausendstel Sievert) im Kalenderjahr nicht überschreiten.

Die Strahleneinwirkung auf einen Menschen aus allen Strahlenquellen beträgt in Deutschland durchschnittlich rund 4 Millisievert pro Jahr. Dabei wird zwischen der natürlichen und der zivilisatorischen Strahlenexposition unterschieden. Zur natürlichen Strahlung zählen die kosmische Strahlung, also die energiereiche Strahlung aus dem Weltall, sowie die terrestrische Strahlung, also die Strahlung, welche beim Zerfall natürlicher radioaktiver Stoffe in der Erdkruste frei wird. Ferner nimmt der Mensch radioaktive Stoffe, zum Beispiel Kalium oder Iod, mit der Nahrung und dem Trinkwasser auf.

Veränderungen der Umwelt durch technische Entwicklungen führen zu einer Erhöhung der natürlichen Strahlenexposition. Insbesondere Radon in Gebäuden und natürliche radioaktive Stoffe aus Bergbau- und Verarbeitungsprozessen können dazu beitragen. Die effektive Dosis der natürlichen Strahlung beträgt rund 2,1 Millisievert im Jahr. Auf den Menschen wirkt auch radioaktive Strahlung aus medizinischer und technischer Anwendung. Allein aus der Röntgendiagnostik beträgt die effektive Dosis rund 1,8 Millisievert im Jahr.

Die Strahlenexposition durch den Betrieb von Kernkraftwerken und kerntechnischen Anlagen in Deutschland macht im Vergleich einen deutlich geringeren Anteil aus: weniger als 0,01 Millisievert im Jahr, also weniger als 1 % des vom Gesetzgeber festgelegten Grenzwertes.

Juli 2017

Eng verknüpft mit der öffentlichen Auseinandersetzung um die Nutzung der Kernenergie ist die Diskussion um das Thema Endlagerung. Verantwortlich für die Endlagerung ist der Bund. Der größte Teil der in Deutschland anfallenden radioaktiven Abfallmenge, die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle, wird künftig im Endlager Konrad eingelagert. Das als Endlager genehmigte ehemalige Eisenerzbergwerk wird seit 2007 dafür umgebaut. Offen ist, an welchem Standort die hochradioaktiven, wärmeentwickelnden Abfälle (HAW) endgelagert werden sollen. Sie enthalten ca. 99 Prozent der gesamten Radioaktivität.

Im April 2013 haben sich Bund und Länder in einer parteiübergreifenden Einigung verständigt, die Endlagerfrage neu zu regeln. Das „Standortauswahlgesetz für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle“ (StandAG) sieht eine neue bundesweite Suche nach einem geeigneten Endlagerstandort für hochradioaktive, wärmeentwickelnde Abfälle (HAW) in einem mehrstufigen Verfahren vor und ist im Juli 2013 in Kraft getreten.

Als ersten Schritt hat das Gesetz die Einrichtung einer Kommission vorgesehen, die Grundsatzfragen beantworten und Anforderungen festlegen sollte. Am 10. April 2014 wurde die Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe offiziell vom Deutschen Bundestag eingesetzt. Die Kommission setzte sich zusammen aus Vertretern von Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Am 5. Juli 2016 übergab die Kommission ihren Abschlussbericht mit der Empfehlung des Entsorgungspfades geologische Tiefenlagerung mit Option der Reversibilität, technisch-wissenschaftlicher Entscheidungskriterien sowie eines umfassenden Beteiligungsverfahrens für die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle an Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung. Die im Bericht enthaltenen Vorschläge und Empfehlungen sind in eine so genannte Formulierungshilfe der Bundesregierung eingeflossen, die die Bundestagsfraktionen bei der Erarbeitung eines Gesetzentwurfes zur Fortentwicklung des Standortauswahlgesetzes unterstützt hat. Die Formulierungshilfe wurde am 21. Dezember 2016 vom Bundeskabinett beschlossen. Das „Gesetz zur Fortentwicklung des Gesetzes zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für Wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle und anderer Gesetze“ wurde schließlich am 23. März 2017 vom Bundestag und am 31. März 2017 vom Bundesrat beschlossen.

Die eigentliche Standortauswahlwird von der neuen Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH als Vorhabenträger durchgeführt. Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde ist das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Der im Gesetz vorgesehen Pfad für die Entsorgung ist die Endlagerung in tiefen geologischen Formationen in einem für diese Zwecke errichteten Endlagerbergwerk mit dem Ziel des endgültigen Verschlusses und mit Reversibilität in Form einer Rückholbarkeit der Abfälle während der Betriebsphase und der Vorkehrung für eine mögliche Bergbarkeit nach Verschluss des Endlagerbergwerks. Eine Rückholung oder Bergung ist aber nicht beabsichtigt. Für die Standortauswahl für ein solches Endlager zur geologischen Tiefenlagerung sind drei Phasen vorgesehen: 

  • in der ersten Phase sollen ungeeignete Gebiete gemäß der vereinbarten Ausschlusskriterien und Mindestanforderungen vom weiteren Verfahren ausgeschlossen sowie unter Hinzuziehung der Abwägungskriterien und von repräsentativen Sicherheitsuntersuchungen mögliche Standortregionen für eine übertägige Erkundung identifiziert werden; 
  • in einer zweiten Phase werden nach der entsprechenden gesetzlichen Entscheidung von Bundestag und Bundesrat mehrere Standorte übertägig erkundet und nach entsprechender Anwendung der Kriterien mögliche Standorte für eine untertägige Erkundung identifiziert; 
  • als dritte Phase sollen nach Entscheidung von Bundestag und Bundesrat Standorte untertägig erkundet und nach einem Vergleich auf Grundlage umfassender vorläufiger Sicherheitsuntersuchungen von Bundestag und Bundesrat der Endlagerstandort bestimmt werden. 

Für den gesamten Auswahlprozess sind  umfangreiche regionale und nationale Beteiligungsmöglichkeiten für die Öffentlichkeit sowie umfangreiche Rechtsschutzmöglichkeiten vorgesehen. Die Formulierungshilfe der Bundesregierung folgt dieser Systematik. Auf Bundesebene soll das Nationale Begleitgremium mit 18 Mitgliedern das Standortauswahlverfahren und insbesondere die Öffentlichkeitsbeteiligung dazu begleiten. Bereits Ende Juli 2016 wurde das nationale Begleitgremium gesetzlich verankert, damit es auch die gesetzgeberische und administrative Übergangsphase bis zum Beginn des eigentlichen Standortauswahlverfahrens begleiten kann. Zu diesem Zweck wurde die Hälfte der Mitglieder Ende November 2016 von Bundestag und Bundesrat eingesetzt.
Wesentliches Gremium der Öffentlichkeitsbeteiligung, die in Ergänzung zu den klassischen Beteiligungsformen im Verwaltungsverfahren – Stellungnahmeverfahren und Erörterungstermine – geschaffen wird, werden die Regionalkonferenzen sein. Sie werden in jeder Region eingerichtet, die zur übertägigen Erkundung vorgeschlagen wird. Sie sollen aus einer Vollversammlung bestehen, an der alle Bürger des betroffenen Gebiets teilnehmen können sowie einem Vertreterkreis. Als zusätzliche Beteiligungsformate werden die Fachkonferenz Teilgebiete für die erste Phase des Verfahrens sowie die Fachkonferenz Rat der Regionen aus Vertretern der Regionalkonferenzen eingerichtet.

Im Sinne des Berichts der Endlagerkommission bildet die Standortauswahl die erste Etappe der Endlagerung, an die sich mit der bergtechnischen Erschließung des Standortes (einschließlich des vorlaufenden Genehmigungsverfahrens), der Einlagerung der radioaktiven Abfälle, der Beobachtung vor Verschluss des Endlagerbergwerks und seines Verschlusses sowie dem Zustand des verschlossenen Endlagerbergwerks fünf weitere Etappen anschließen.

Das bisherige Erkundungsbergwerk Gorleben soll im neuen Auswahlverfahren gleichberechtigt berücksichtigt werden. Transporte mit Abfällen aus der Wiederaufarbeitung in das Zwischenlager Gorleben finden nicht mehr statt und werden nach der Vereinbarung des Bundesumweltministeriums und der Bayerischen Staatsregierung auf die Standorte Biblis, Brokdorf, Isar und Philippsburg gemäß des Konzepts des BMUB verteilt werden.

Bei der Nutzung von Kerntechnik entstehen radioaktive Abfälle: beim Betrieb und bei der Stilllegung von Kernkraftwerken, in verschiedenen Industriezweigen, in der Forschung sowie in medizinischen Anwendungen. In Deutschland werden diese Reststoffe einerseits in hochradioaktive wärmeentwickelnde Abfälle und andererseits in schwach- und mittelradioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung eingeteilt.

Schwach- und mittelradioaktive Abfälle machen rund 90 Prozent des Volumens radioaktiver Abfälle aus. Es handelt sich beispielsweise um kontaminierte Anlagenteile, Werkzeuge oder Laborgeräte, Schutzkleidung aus Kernkraftwerken, verbrauchte Filter, Strahlenquellen aus der Medizin und anderen technischen Anwendungen oder radioaktive Chemikalien.

Zu den hochradioaktiven Abfällen gehören vor allem verbrauchte Brennelemente, die bei der Stromerzeugung in Kernkraftwerken sowie in Forschungsreaktoren anfallen sowie Abfälle aus der Wiederaufarbeitung verbrauchter Brennelemente. Ihr Anteil am Gesamtvolumen beträgt rund 10 Prozent, sie enthalten jedoch über 99 Prozent der gesamten Radioaktivität. Die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle in Deutschland sollen im Endlager Konrad eingelagert werden. Für diese Abfälle prognostiziert das Bundesumweltministerium (BMUB) bis zum Jahr 2080 ein Volumen von etwas über 300.000 m³. Ein mögliches künftiges Abfallvolumen aus der Rückholung und Konditionierung von Abfällen aus Asse II ist darin nicht enthalten.

Internationaler Vergleich

Im weltweiten Vergleich haben sich nur einige Länder wie Deutschland entschieden, auch schwach- und mittelradioaktive Abfälle in geologischen Tiefenlagern zu entsorgen, während andere Länder festgelegt haben, solche Abfälle oberflächennah zu lagern. Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle sind in einigen Ländern bereits seit vielen Jahren in Betrieb.

Land

Stand des Programms

Untertage-Labors

Kandidaten für Endlager-Standorte

Geologie

Belgien

Untersuchung Rupelton-Formation in Boom mit Labor HADES auf Eignung für alle Arten von radioaktiven Abfällen; Entscheidungsvorlage des belgischen Betreibers an die Regierung von 2015 wurde 2017 zurückgewiesen; weiteres Verfahren offen; umfangreiche öffentliche Konsultationen sollen stattfinden

HADES URF, Mol

offen

Ton/offen

China

Standortsuche seit 1986; zunächst nur Erkundung in der Region Beishan, seit 2012 Erweiterung auf 12 Erkundungsgebiete; Eingrenzung auf drei Standorte für vorläufige Sicherheitsuntersuchungen, dann Standortentscheidung; Erkundungen für rund 10 Jahre angesetzt, dann weitere Schritte

Standort Xinchang, Region Beishan in der Provinz Gansu ausgewählt; Wirtsgestein Granit, Erkundung und Vorbereitung der Errichtung

5 Kandidaten in Region Beishan, Provinz Gansu sowie Regionen Xinjiang und Innere Mongolei

Granit /Ton

Finnland

Standort durch Regierung und Parlament gebilligt; Genehmigungsverfahren ab Ende 2012, positive Sicherheitsbewertung durch Aufsichtsbehörde STUK; Errichtungsgenehmigung im November 2015 erteilt, Inbetriebnahme in 2020er Jahren geplant

Onkalo (Olkiluoto)

Olkiluoto (Standort in Bau)

Granit

Frankreich

Referenzkonzept ist geologisches Tieflager mit Rückholbarkeit; Vorbereitung des Projekts Cigéo seit 2011; Gesetzliche Grundlagen für die Errichtung des Projekt Cigéo am 11. Juli 2016 beschlossen; Genehmigungsantrag voraussichtlich 2019, Genehmigung für 2022 erwartet; Betrieb ab 2035 angestrebt

Bure (Lothringen)

Bure (Standort festgelegt)

Ton

Großbritannien (England und Wales)

Grundsatzentscheidung 2006 für geologische Tiefenlagerung für hoch- und mittelaktive Abfälle; Standortauswahlverfahren abgebrochen (2013); neuer Such- und Dialogprozess mit Gemeinden und Stakeholdern seit 2014; 2016 fand eine öffentliche Anhörung zur geologischen Datenerhebung statt, 2018 zur geologischen Tiefenlagerung

offen

offen

Japan

Zwei Untertagelabors in Betrieb; Standortfindung in drei Phasen, Bewerbung oder Veröffentlichung einer Karte potentieller Standortregionen, Auswahl zu erkundender Standorte, Erkundung von Standorten; bislang keine Bewerbungen; Juli 2017 wurde eine Karte mit Standortregionen als Grundlage für einen Dialogprozess veröffentlicht; Bewerbungen weiter möglich

Mizunami (auf Honshu), Horonobe (auf Hokkaido)

offen

Kristallingestein/Sedimentgestein

Kanada

Konzeptdemonstration im „Whiteshell Underground Research Laboratory“; Interessenbekundungsverfahren; 5 Standorte befinden sich noch im Auswahlverfahren, einer hat sich zurückgezogen, 15 Standorte wurden ausgeschlossen

Lac du Bonnet, Manitoba (2010 geschlossen)

Hornepayne and Area, Huron-Kinloss, Ignace and Area, Manitouwadge and Area, South Bruce

Granit

Russland

Untertagelabor in Granit in Vorbereitung; Bewertung der Ergebnisse und Entscheidung über das weitere Vorgehen bis 2028

Schelesnogorsk (nahe Krasnojarsk)

offen

Granit

Schweden

Standort Östhammar bei Forsmark 2009 entschieden; Genehmigungsverfahren seit 2011, positive Empfehlung durch Atomaufsicht 2018; zugleich Forderung zu weiteren Informationen zur Langzeitsicherheit der Kupferbehälter durch Bezirksgericht für Land und Umwelt; Baubeginn 2020er Jahre erwartet.

Stripa (bis 1992) HRL Äspö

Östhammar

Granit

Schweiz

Technische Machbarkeit eines Endlagers von Regierung 2006 bestätigt; drei Standortregionen mit Opalinuston in der Nordostschweiz in engerer Wahl

Grimsel (Kanton Bern/Granit), Mont Terri (Kanton Jura/Ton)

Ursprünglich 6 Standortgebiete (HLW und LLW/ILW) im Auswahlverfahren, 3 zur weiteren Untersuchung für HAW in Etappe 3 vorgeschlagen:

Opalinuston

Spanien

Prüfung möglicher geologischer Formationen abgeschlossen; Mittelfristig nur Verfolgung der Aktivitäten des Auslands

Offen

Granit/Ton/(Salz)

USA

Standort Yucca Mountain 2002 von Präsident und Kongress beschlossen; 2008 stellte das Department of Energy (DOE) bei der Nuclear Regulatory Commission (NRC) einen Genehmigungsantrag, den es 2010 zurück zog; das seit 2010 unterbrochene Genehmigungsverfahren wurde nach einem Gerichtsurteil im Jahr 2013 wieder durch die NRC aufgenommen; im Januar 2015 vervollständigte die NRC ihren Sicherheitsbericht zum Endlagerprojekt, im Mai 2016 wurde der ergänzende Abschlussbericht zur Umweltverträglichkeit veröffentlicht; die Anhörungen im Entscheidungsverfahren der NRC zur Errichtungsgenehmigung bleiben ausgesetzt

Yucca Mountain (Nevada)

Yucca Mountain

Tuffstein (Yucca Mountain)

HLW: High Level Waste (hochradioaktive Abfälle)

ILW: Intermediate Level Waste (mittelradioaktive Abfälle)

LLW: Low Level Waste (schwachradioaktive Abfälle)

Die Betreiber der Kernkraftwerke und anderer kerntechnischer Anlagen sind gesetzlich verpflichtet, die Kosten der Stilllegung und des Rückbaus ihrer Anlagen sowie die der Konditionierung bzw. Bereitstellung des radioaktiven Abfalls aus Betrieb und Rückbau zu tragen. Diese Kosten fallen zum kleineren Teil während des Betriebs und zum größeren Teil nach der Abschaltung über einen Zeitraum von rund 20 Jahren an. Für diese Verpflichtungen haben die Betreiber der Kernkraftwerke in Deutschland in ihren Bilanzen Rückstellungen in Höhe von mehr als 20 Milliarden Euro gebildet.

Rückstellungen in diesem und anderen Bereichen werden für zukünftige Zahlungsverpflichtungen gebildet, die hinsichtlich Höhe oder Fälligkeit ungewiss sind. Rechtsgrundlage für die Rückstellungen im Kernenergiebereich sind das Atomgesetz, das die Betreiber zur Übernahme dieser künftigen Kosten verpflichtet und das Handelsrecht, nach dem solche absehbaren Zahlungsverpflichtungen zu bilanzieren sind.

Konkret umfassen die Verpflichtungen der Betreiber von Kernkraftwerken in diesem Bereich die Aufgaben der Stilllegung und des Rückbaus der Kernkraftwerke, die Verpackung von bestrahlten Brennelementen und radioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung sowie die Konditionierung und Verpackung von sonstigen radioaktiven Abfällen einschließlich der Betriebsabfälle sowie die Rückführung der radioaktiven Abfälle aus der Wiederaufarbeitung.

Beiträge zur Endlagerung für schwach- und mittelradioaktive Abfälle

Land

Standort

Typ

Stand des Programms

Belgien

Dessel, Provinz Antwerpen

oberflächennah (Abfälle kurzer Lebensdauer bis T1/2 = 30 Jahre)

in Vorbereitung

Dänemark

Nach Abbruch des bisherigen Verfahrens neue Standortsuche auf Grundlage der geologischen Tiefenlagerung beschlossen

geologisch, bis 500 Meter Tiefe

Im Mai 2018 stimmte das Parlament einstimmig dem Vorschlag der Regierung zu, die Zwischenlagerung in Risø zu verlängern und Standortfindung sowie Umsetzung für ein Endlager in geologischer Tiefenlagerung vorzubereiten. Es soll bis spätestens 2073 in Betrieb gehen.

Finnland

Olkiluoto, Gemeinde Eurajoki

Kaverne (Granit)

in Betrieb

Satakunta Loviisa, Uusimaa

Kaverne (Granit)

in Betrieb

Frankreich

La Manche bei La Hague (LLW/ILW bis 30 Jahre T1/2)

oberflächennah

geschlossen

L’Aube bei Soulaines-Dhuys (LLW/ILW bis 30 Jahre T1/2)

oberflächennah

in Betrieb

L’Aube bei La Chaise (LLW)

oberflächennah

in Betrieb

Großbritannien

Drigg, Grafschaft Cumbria ( England) (LLW)

oberflächennah

in Betrieb

Dounreay, Grafschaft Caithness (Schottland) (LLW)

oberflächennah

in Betrieb

Japan

Rokkasho Mura, Präfektur Aomori (LLW, teils ILW)

oberflächennah

in Betrieb

Kanada

Kincardine, Ontario

geologisch (Kalkstein)

im Genehmigungsverfahren

Schweden

Forsmark (SFR), Gemeinde Östhammar (LLW/ILW, kurzlebig)

Kaverne (Granit)

in Betrieb

SFL (LLW/ILW, langlebig)

Konzept noch nicht bestimmt; Einbeziehung von Granit in unterschiedlichen Varianten in Erwägung

Zieltermine für Baubeginn und Inbetriebnahme: 2035 bzw. 2045

Spanien

El Cabril, Andalusien (LLW/ILW bis 30 Jahre T1/2)

oberflächennah

in Betrieb

USA

7 Einrichtungen

oberflächennah

in Betrieb

On-Site Waste Disposal Facility (OSWDF), Portsmouth Ohio

oberflächennah

genehmigt

„Waste Isolation Pilot Plant“ (WIPP) für Abfälle aus Kernwaffenprogrammen bei Carlsbad, New Mexico

geologisch (Steinsalz)

in Betrieb

ILW: Intermediate Level Waste (mittelradioaktive Abfälle)

LLW: Low Level Waste (schwachradioaktive Abfälle)

T1/2: Halbwertszeit

Februar 2019

Für die Aufnahme schwach- und mittelradioaktiver Abfälle wird nach seiner Errichtung das bereits genehmigte Endlager Konrad bei Salzgitter zur Verfügung stehen. Das ehemalige Eisenerzbergwerk ist als Endlager für Abfälle dieser Art bis zu einem Abfallvolumen von 303.000 m³ genehmigt. Seit April 2007 liegt ein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss vor.

Gegenwärtig wird Konrad zum Endlager ausgebaut und soll 2027 fertig gestellt sein. Neben Arbeiten zur Errichtung der übertägigen Infrastruktur, wie dem Bau von Straßen und Gleisanbindung sowie der Anlagen zum Umschlag und zur Prüfung der einzulagernden Abfallgebinde, werden die beiden Schächte saniert und umgerüstet. Unter Tage werden die Infrastruktur, Transportstrecken und ein spezielles Bewetterungssystem für den Einlagerungsbetrieb angelegt sowie Einlagerungskammern aufgefahren und ausgebaut sowie Schachtanlagen umgebaut. Die Zuständigkeit für diese Umbaumaßnahmen ist am 30. Juli 2016 von BfS und DBE auf die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbh (BGE) unter Aufsicht des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) übergegangen. Bisher sind für das Endlager Konrad Kosten in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro angefallen. Diese Kosten wurden anteilig von den Abfallverursachern getragen. Die laufenden und künftigen Kosten werden aus dem staatlichen Entsorgungsfonds, in den die Betreiber der Kernkraftwerke ihren Anteil bereits eingezahlt haben, sowie weiterhin anteilig von den übrigen Abfallverursachern getragen.

Die eisenerzhaltige Formation am Standort ist vor etwa 135 bis 140 Millionen Jahren entstanden. In einer Tiefe zwischen 800 bis 1.300 Metern bilden eisenerzhaltige Gesteinsschichten mit einer Breite von 8 bis 15 km das Wirtsgestein für die künftig einzulagernden Abfälle. Oberhalb dieser Schichten befinden sich ca. 400 Meter dicke wasserundurchlässige Tonschichten, gefolgt von einer mächtigen Schicht Mergel- und Kalkstein. Diese Schichten bilden die entscheidende geologische Barriere und isolieren die radioaktiven Abfälle langfristig vom Grundwasser und von der Biosphäre. Die geowissenschaftlichen Langzeitsicherheitsprognosen legen dabei einen Zeitraum von mindestens 100.000 Jahren zu Grunde. Die Ergebnisse der Langzeitsicherheitsanalyse zeigen, dass die maximal auftretende mögliche radiologische Belastung für Personen deutlich unterhalb des von der Planfeststellungsbehörde geforderten international anerkannten Maßstabs liegt. Es sind damit aus der Freisetzung von Radionukliden keine nachteiligen Auswirkungen für Mensch und Umwelt zu befürchten.

Bis zur Inbetriebnahme von Konrad lagern die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung in Landessammelstellen der Bundesländer, in Forschungseinrichtungen, an den Standorten der Kernkraftwerke oder anderen kerntechnischen Standorten sowie in zentralen Zwischenlagern. Die Abfälle müssen dort ihrer Art und dem radioaktiven Inventar entsprechend konditioniert, also aufbereitet, in je geeignete Behälter verpackt und dokumentiert werden, damit sie die Annahmebedingungen des Endlagers Konrad erfüllen und entsprechend der Bestimmungen für Gefahrguttransporte sicher dort angeliefert werden können. Mit der Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung wird ab dem 1. Januar 2020 die operative Verantwortung für die Zwischenlagerung der schwach- und mittelaktiven Abfälle der Kernkraftwerke an die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) über gehen. Die Abfälle gehen damit in Eigentum und Verantwortung des Bundes über. 

Die Aufgaben der Konditionierung und Verpackung radioaktiver Abfälle der Kernkraftwerke verbleiben bei deren Betreibern, die diese ausführen und selbständig aus den dafür gebildeten Rückstellungen finanzieren. Die Höhe der für Rückbau und Konditionierung benötigten Rückstellungen wird von den Be­treibern auf Basis bestehender Verträge sowie externer Expertisen und Gutachten ermittelt, von unabhängigen Wirtschaftsprüfern testiert sowie von den Finanzbehörden geprüft. Die Rückstellungen werden jährlich überprüft und aktualisiert.

Die Betriebszeit des Endlagers Konrad soll 40 Jahre nicht überschreiten. In der Betriebs­zeit werden die Abfälle von den verschiedenen Zwischen­- und Abfalllagern sowie den Landes­sammelstellen abgerufen. Die Einlagerung soll gemäß Planfeststellungsbeschluss unmittel­bar nach Annahme der Gebinde erfolgen, da kein eigenes Zwischenlager, sondern nur eine Pufferhalle zur Anlieferung und Kontrolle der Abfallgebinde vorgesehen ist. Um die betrieb­lichen Prozesse zu entzerren, ist im Entsor­gungsübergangsgesetz von 2017 die Möglichkeit vorgesehen, für das Endlager Konrad ein zentrales Bereitstellungslager für schwach­- und mittelradioaktive Abfälle als Eingangslager zu errichten.

Februar 2019

Das Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben (ERAM) wurde von der DDR im ehemaligen Kali- und Steinsalzbergwerk Bartensleben in Sachsen-Anhalt eingerichtet. 1990 ging das ERAM mit der deutschen Wiedervereinigung in Bundeseigentum über. Betreiber wurde seitdem das BfS, die DBE führte in dessen Auftrag den Betrieb. Seit dem 30. Juli 2016 ist die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) als Betreiber verantwortlich.

Insgesamt wurden zwischen 1981 und 1998 rund 37.000 m³ schwach- und mittelradioaktive Abfälle (davon etwa 14.000 m³ aus den Kernkraftwerken der alten Bundesländer) einschließlich rund 6.000 umschlossener Strahlenquellen eingelagert. Die Einlagerungsarbeiten wurden 1998 aufgrund eines Gerichtsbeschlusses ausgesetzt, das BfS verzichtete 2001 endgültig auf die Annahme weiterer Abfälle.

Das für die Stilllegung erforderliche Planfeststellungsverfahren ist eingeleitet, die notwendigen Unterlagen wurden von 2005 bis 2009 vom BfS bei der zuständigen Landesbehörde, dem Umweltministerium Sachsen-Anhalt eingereicht und öffentlich ausgelegt. Die Öffentlichkeitsbeteiligung wurde im Jahr 2011 an neun Verhandlungstagen durchgeführt. Die Entscheidung über die Einwendungen sowie der Planfeststellungsbeschluss durch die zuständige Genehmigungsbehörde, das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt (MULE) stehen noch aus. Nach Genehmigung der geplanten Schließung werden die Arbeiten zur Stilllegung noch 15 bis 20 Jahre dauern.

August 2018

Das ehemalige Salzbergwerk Schachtanalage Asse II in Niedersachsen bei Wolfenbüttel diente von 1965 bis 1995 als Forschungsbergwerk des Bundes. In den Jahren 1967 bis 1978 wurden rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen eingelagert. Die Abfälle stammen aus dem Betrieb kerntechnischer Einrichtungen sowie aus der Nutzung radioaktiver Stoffe in Industrie, Forschung und Medizin. 1995 wurden die Forschungsarbeiten eingestellt und 2007 die endgültige Schließung beantragt.

Seit dem 1. Januar 2009 ist das BfS als Nachfolger des Helmholtz Zentrum München für den Betrieb und die Stilllegung der Anlage zuständig. Ein wesentlicher Grund für den Betreiberwechsel war die Gleichstellung der Anlage mit einem Endlager und seine Überführung ins Atomgesetz. Seit dem 30. Juli 2016 ist die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) als Betreiber verantwortlich.

Zur Stilllegung der Schachtanlage wurden drei verschiedene Möglichkeiten in Betracht gezogen: Rückholung, Umlagerung innerhalb des Bergwerks und Vollverfüllung. Die Rückholung wurde als bevorzugte Option beim weiteren Umgang mit den dort eingelagerten Abfällen identifiziert, weil bei dieser Variante nach aktuellem Wissensstand die Möglichkeit besteht, einen Langzeitsicherheitsnachweis zu erbringen. In einem Schreiben an das BMU (heute BMUB) vom Januar 2010 empfiehlt die Entsorgungskommission auch die Vollverfüllung des Bergwerks als Option weiter zu verfolgen, da die Möglichkeit der Rückholung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist.

Mit Inkrafttreten der Lex Asse, dem „Gesetz zur Beschleunigung der Rückholung radioaktiver Abfälle und der Stilllegung der Schachtanalage Asse II“ wurde im April 2013 die Grundlage für eine beschleunigte Rückholung der Abfälle aus der Schachtanlage geschaffen. Der mögliche Beginn der Rückholung wird nach heutigem Stand für 2033 erwartet. Im September 2016 hat die Strahlenschutzkommission (SSK) des Bundesumweltministeriums (BMUB) angesichts der absehbar langen Dauer des Rückholungsprojektes unter Strahlenschutzgesichtspunkten empfohlen, auch die alternative Option einer Vollverfüllung wieder bei den Planungen zu berücksichtigen.

Wissenswertes zur Endlagerung

Nach dem Atomgesetz ist in Deutschland für die Endlagerung radioaktiver Abfälle der Bund verantwortlich. Innerhalb der Bundesregierung liegt die Zuständigkeit für die Standortfestlegung, die Planung, die anlagenbezogene Forschung und Entwicklung, die Erkundung und Errichtung, den Betrieb sowie die Stilllegung von Endlagern für radioaktive Abfälle beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und dem ihm nachgeordneten Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE). Dieses Bundesamt wurde zum 1. September 2014 gegründet und entsprechend der Empfehlungen der „Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ im Gesetz vom 30. Juli 2016 mit seiner Funktion als Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde für die nukleare Entsorgung versehen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ist zuständig für die Kernenergiewirtschaft und die grundlagenorientierte Forschung. Ihm nachgeordnet ist die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, die wesentliche geowissenschaftliche Fragestellungen bearbeitet.

Die Entsorgung radioaktiver Abfälle besteht nicht nur aus der Endlagerung, sondern beinhaltet eine ganze Kette von Vorgängen, an deren Abschluss die Endlagerung als geologische Tiefenlagerung stehen soll. So müssen die erzeugten Mengen radioaktiven Abfalls minimiert werden und die Abfälle müssen für Zwischenlagerung, Transport und so weit schon möglich für die Endlagerung konditioniert werden. Konditionierung bedeutet, dass die Abfälle in einen vorgeschriebenen Zustand versetzt und verpackt werden, damit der Schutz von Mensch und Umwelt sicher gewährleistet wird. Derzeit werden die radioaktiven Abfälle je nach Abfallherkunft und Abfallart in Abfalllagern, Zwischenlagern oder Landessammelstellen befristet gelagert. In Deutschland werden bzgl. der Endlagerung zwei Arten von Abfällen unterschieden, solche mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung, die schwach und mittelradioaktiven Abfälle sowie Wärme entwickelnde Abfälle, die hoch radioaktiven Abfälle. Die Entwicklung von Wärme ist eine Folge der in den hoch radioaktiven Stoffen ablaufenden Zerfallsprozesse. Die Radioaktivität der Abfälle nimmt also mit der Zeit ab, indem sich die Strahlungsenergie in Wärme umwandelt, die wiederum an die Umgebung abgegeben wird. Die Radioaktivität und Wärme von abgebrannten Brennelementen, die aus Kernkraftwerken stammen, wird sich während der Zwischenlagerung um rund 90 Prozent verringern. Die Zwischenlagerung ist ein notwendiger Bestandteil des Entsorgungsprozesses, da die Abfälle nicht mit ihrer anfänglichen Wärmeentwicklung in ein Endlager gebracht werden könnten.

Neben den zwei zentralen Zwischenlagern Ahaus und Gorleben – in letzterem lagern vor allem verglaste hoch radioaktive Abfälle aus der Wiederaufarbeitung verbrauchter deutscher Brennelemente im Ausland – bestehen Zwischenlager für die abgebrannten Brennelemente direkt an den Kernkraftwerksstandorten.

Sowohl die verglasten Abfälle als auch die abgebrannten Brennelemente werden in Castor-Behältern gelagert, die an die jeweiligen Abfalltypen angepasst sind. Sie schließen die Abfälle sicher ein, schirmen radioaktive Strahlung ab und führen die Zerfallswärme mit natürlicher Konvektion ab.

Bei nuklearen Abfällen wird in Deutschland zwischen schwach- und mittelradioaktiven sowie hoch radioaktiven Abfällen unterschieden. Wie andere Länder setzt Deutschland ebenso auf die getrennte Endlagerung der Abfallarten. Das bietet sicherheitstechnische Vorteile, denn die zwei Abfallarten haben unterschiedliche Eigenschaften. Damit lassen sich die Sicherheitsanforderungen der beiden Endlager optimal an die jeweiligen Abfallkategorien anpassen. Bei der Auswahl und Erkundung des Salzstocks Gorleben wie auch im derzeit geplanten Standortauswahlverfahren für die Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe wird insbesondere die Wärmeentwicklung dieser Abfälle berücksichtigt. In Schacht Konrad werden dagegen zukünftig nur schwach- und mittelradioaktive Abfälle entsorgt, die eine vernachlässigbare Wärmentwicklung aufweisen.

Falls die Abfälle dauerhaft in Hallen oder oberflächennah unter der Erde gelagert würden, müsste man diese für sehr lange Zeit sichern, sowohl technisch als auch durch Bewachung. Allerdings sollte die Entsorgung der radioaktiven Abfälle durch die Generationen erfolgen, die von der Nutzung der Kernenergie profitiert haben. Mit einer abschließenden Lagerung der Abfälle in einer geeigneten tiefen geologischen Formation würde die Sicherheit durch den Abschluss der radioaktiven Stoffe von der Biosphäre und damit von den Menschen durch das Wirtsgestein gewährleistet, in dem die Abfälle gelagert werden. Eine permanente Nachsorge durch kommende Generationen wäre nicht erforderlich. Darüber besteht ein weltweiter wissenschaftlicher Konsens. Die Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ hat in ihrem Abschlussbericht als bevorzugten Pfad für die Entsorgung die Endlagerung in einer tiefen geologischen Formation mit optionaler Reversibitiät empfohlen, also der Möglichkeit einer Rückholung während der Betriebsphase des Endlagers und Vorkehrungen für Bergbarkeit nach Verschluss des Endlagers.

Es gibt verschiedene Wirtsgesteine, die als grundsätzlich geeignet für die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle gelten, in Deutschland wären dies Salz, Ton und Kristallin (Gneis, Granit). Da es zwischen den Wirtsgesteinsformationen Unterschiede gibt, ist ein Vergleich nur standortbezogen und im Kontext mit einem angepassten Endlagerkonzept möglich. Die Identifikation eines „bestmöglichen Standorts“, wie sie mit dem neuen Standortauswahlverfahren vorgesehen ist, stellt eine beträchtliche wissenschaftliche Herausforderung dar, insbesondere bei dem beabsichtigten wirtsgesteinsübergreifenden Vergleich und weil nicht nur die Geologie, sondern immer auch ein entsprechend angepasstes Endlager- und Behälterkonzept für eine Langzeitsicherheitsbewertung herangezogen werden muss. Die Realisierung eines „sicheren Endlagers“ nach den hohen Maßstäben des Atomgesetzes wäre an verschiedenen, geeigneten Standorten denkbar. Im Hinblick auf die Wirtsgesteinstypen lässt sich aber sagen, dass den in Deutschland vorkommenden kristallinen Gesteinsformationen wegen Ihrer geringen Größe und Zerklüftung eine eher ungünstige Prognose hinsichtlich ihrer Eignung für ein Endlager beigemessen wird. Bei den potentiell für die Endlagerung geeigneten Tongesteinsformationen, die sowohl in Süd- als auch in Norddeutschland vorkommen, besteht verglichen mit Salz in Deutschland noch weiterer Forschungsbedarf.

Die Asse ist als ein jahrzehntelang bergbaulich genutzter Salzstock nicht mit einem unversehrten Salzstock vergleichbar, der wie im Fall Gorleben ausschließlich zur Nutzung als Endlager ins Auge gefasst wurde. Durch den Salzabbau wurden in der Asse große Hohlräume geschaffen, die teilweise bis auf wenige Meter an das so genannte Deckgebirge, also die oberhalb der Salzformation liegenden Gesteinsschichten heranreichen. Diese Hohlräume haben zusammen genommen ein Volumen von mehreren Millionen Kubikmetern. Der Gebirgsdruck führte zu Verformungen im Bereich dieser Hohlräume und darüber hinaus teilweise auch zu Brüchen. Würde ein unberührter Salzstock zu einem Endlager ausgebaut, würde man nur einen kleinen Teil des Volumens für das Endlagerbergwerk verwenden. Dieses wäre dann von dem großen Salzvorkommen umgeben und die vergleichsweise kleinen Hohlräume würden nach Ende der Einlagerung verfüllt werden. Beim Salzstock Gorleben beispielsweise handelt es sich um ein großes, unberührtes Salzvorkommen von ca. 14 km Länge, einer maximalen Breite von 4 km und einer Höhe unter der Oberfläche von rund 3 km bei dessen Erkundung alle Maßnahmen mit Blick auf eine mögliche Funktion als Endlager ausgeführt wurden. Im Übrigen erfolgte die Einlagerung von radioaktiven Abfällen in die Asse aus heutiger Sicht ohne ein schlüssiges Einlagerungskonzept und ohne angemessene Dokumentation.

Steinsalz-Lagerstätten sind in Deutschland in großer Zahl vorhanden und besitzen für die geologische Tiefenlagerung (Endlagerung) wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle einige besonders günstige Eigenschaften. Steinsalz verhält sich bei Druck plastisch, d. h. es fließt. Das ist von Vorteil für den Einschluss des radioaktiven Materials und den abschließenden Verschluss eines Endlagers. Die gute Wärmeleitfähigkeit von Salz begünstigt die Wärmeabfuhr. Darüber hinaus ist Salz praktisch dicht gegenüber Flüssigkeiten und Gasen. Nicht zuletzt können die umfangreichen geologischen, bergmännischen und technischen Erfahrungen im Salzbergbau in Deutschland für die Tiefenlagerung genutzt werden. Vor diesem Hintergrund konzentrierte man sich auf Salz als Wirtgestein.

Auf dieser Grundlage wurde ein Auswahlverfahren des Bundes (1974-76) und eines des Landes Niedersachsen (1976/77), in dem die potentiell geeigneten Standorte konzentriert waren, durchgeführt und 1977 der Salzstock Gorleben ausgewählt. Vor Aufnahme der Erkundungsarbeiten wurde im Zusammenhang mit dem für Gorleben geplanten Nationalen Entsorgungszentrum die Öffentlichkeit umfassend informiert. Insbesondere das so genannte Gorleben-Hearing mit Beteiligung internationaler Experten und zahlreicher Kritiker war in der damaligen Zeit außergewöhnlich. Ungeachtet der Grundsatzentscheidung für Salz beteiligten sich deutsche Forschungseinrichtungen seit den 1990er Jahren im Auftrag des BMWi an wissenschaftlichen Experimenten und Forschungsarbeiten in Untertagelabors in anderen Wirtsgesteinen, z. B. in Tongestein (Mt. Terri, Schweiz; Bure, Frankreich) und kristallinen Gesteinen (Äspö, Schweden; Grimsel, Schweiz).

Grundsätzlich ist eine Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen in Deutschland auch in Tongesteinen möglich, es besteht allerdings noch weiterer Forschungsbedarf. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hat für alle potentiellen Wirtsgesteine in Deutschland in drei Studien die so genannten eignungshöffigen Gebiete auf Grundlage der von ihr für die Studienzwecke zugrunde gelegten Kriterien ausgewiesen. Diese Kriterien weichen teilweise von den im Abschlussbericht der Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ empfohlenen geowissenschaftlichen Kriterien ab. Die Studien zu den Wirtsgesteinen Kristallin (1994), Salz (1995) und Ton (2007) sind auf den Internetseiten der BGR verfügbar. Aus der Tonstudie lässt sich ableiten, dass ggf. geeignete Tongesteinsstandorte in Norddeutschland (insbesondere Niedersachsen) sowie Süddeutschland (Bayern, Baden-Württemberg) vorhanden sind. Ggf. geeignete Salzstöcke sind in der norddeutschen Tiefebene konzentriert. Kristallingesteine für die Tiefenlagerung hoch radioaktiver Abfälle sind im Grundsatz besonders in Sachsen und Bayern vorhanden. Aufgrund der Klüftigkeit und Inhomogenität der Vorkommen sind aus Sicht der BGR in Deutschland für die Endlagerung eignungshöffige Kristallinformation nicht zu erwarten.

Die Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle des Bundesumweltministeriums von 2010 sehen eine Rückholbarkeit der Abfälle für die Dauer des Betriebs des Endlagers vor. Für die Zeit nach dem Verschluss ist die Bergbarkeit der Abfälle für einen Zeitraum von 500 Jahren vorgesehen. Hier sehen die Sicherheitskriterien Anforderungen an die Dokumentation und die Haltbarkeit der Behälter vor. Die Rückholbarkeit bzw. Bergbarkeit der hoch radioaktiven Abfälle ist keine Frage des Standortes, sondern der Ausgestaltung des Tiefenlagers bzw. des Endlager- und Behälterkonzeptes. Möchte man sich die Option erhalten, die Abfälle wieder aus dem Lager entfernen zu können, müssen hierfür Vorkehrungen getroffen werden, die bei der Planung des Endlagers zu berücksichtigen sind. Bei solchen Vorkehrungen ist aber zu beachten, dass die Sicherheit des Endlagers nicht eingeschränkt wird. Die Kommission „Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ empfiehlt in ihrem Abschlussbericht die Option der Reversibilität als integralen Bestandteil des zu verfolgenden Entsorgungspfades der geologischen Tiefenlagerung in einem Endlagerbergwerk. Die Priorität der Endlagerauslegung soll aber auf der Langzeitsicherheit liegen. Es ist dabei zu beachten, dass die Rückholbarkeit bzw. Bergbarkeit der Abfälle möglich sein soll, aber nicht beabsichtigt ist. Ziel der Entsorgung bleibt der nachsorgefreie Einschluss der Abfälle auf Dauer.

In der deutschen Diskussion wird Rückholbarkeit als geplante bzw. beabsichtigte Möglichkeit der Entnahme von Abfällen bzw. Abfallbehältern aus einem Endlager definiert. In den Sicherheitsanforderungen des Bundesumweltministeriums (BMUB) aus dem Jahr 2010 ist eine Rückholbarkeit für die Abfälle während der Betriebsphase des Endlagers gefordert, nicht aber nach seinem endgültigen Verschluss. Demgegenüber ist die Bergbarkeit definiert als Voraussetzung einer Notfallmaßnahme, mit der die Abfälle ggf. aus dem verschlossenen Endlager geborgen werden können. In den Sicherheitsanforderungen des BMUB wird eine Bergbarkeit für 500 Jahre nach dem Verschluss des Endlagers festgeschrieben. Dies führt vor allem zu Anforderungen an die künftigen Endlagerbehälter, die 500 Jahre lang handhabbar bleiben sollen. Bei einem künftigen Endlagerkonzept müsste die Handhabbarkeit der Behälter in Verbindung mit dem jeweiligen Wirtsgestein betrachtet und das Endlagerkonzept entsprechend ausgelegt werden. Es ist aber festzuhalten, dass ein potentielles Endlager nicht genehmigt werden könnte, wenn nach menschlichem Ermessen absehbar wäre, dass eine Notfallbergung aus Sicherheitsgründen erforderlich werden könnte.

Das Ziel der Endlagerung von radioaktiven Abfällen in tiefen geologischen Formationen ist es, die Abfälle langfristig sicher einzulagern und Schadstoffe damit dauerhaft von der Biosphäre zu isolieren. Die Langzeitsicherheit eines Endlagers ist dabei durch gestaffelte passive Sicherheitsbarrieren zu gewährleisten, damit künftigen Generationen keine unangemessenen Belastungen aufgebürdet werden („Nachsorgefreiheit“). Eine langfristige Rückholungsmöglichkeit widerspricht der internationalen Definition der „Endlagerung“ als Anlage zur langfristig wartungsfreien, zeitlich unbefristeten Lagerung von radioaktiven Abfällen ohne beabsichtigte Rückholung. Nach der Betriebsphase sollte ein Endlager seinen endgültigen, passiv sicheren Zustand so früh wie möglich erreichen, um die Nachsorgefreiheit zu gewährleisten.

Eine dauerhafte Rückholbarkeit würde dagegen die langfristige Offenhaltung der Lagerstätte erfordern, die dadurch eher einem geologischen Zwischenlager gleichen würde. Damit würde das Konzept einer sicheren Endlagerung der Abfälle mit Abschluss vor der Biosphäre umso mehr beeinträchtigt, je länger eine Rückholbarkeit gefordert würde.

Gemessen an der Lebenszeit eines Menschen oder selbst den Zeiträumen, die historisch überblickt werden können, erscheinen eine Million Jahre unvorstellbar. In der Geologie sind eine Million Jahre aber ein eher kurzer Zeitraum. Geologische Abläufe können teils über Milliarden Jahre zurückverfolgt werden, bei Gesteinsformationen wie Ton und Salz häufig über mehrere 100 Millionen Jahre. Aus diesen Erkenntnissen können belastbare Prognosen für die Zukunft erstellt werden – auch für Zeiträume, die sich in unsere historischen Vorstellungen nicht mehr einfügen. Grundlage für die Aussagen über die Langzeitsicherheit sind, neben den technischen Barrieren, Berechnungen über das Verhalten der Gesteinsformation und der Abfälle in der Gesteinsformation, die auf den geologischen Kenntnissen über den Standort beruhen. Ein Endlager ist nur dann genehmigungsfähig, wenn in diesem Nachweiszeitraum auch bei ungünstigen Entwicklungen keine oder nur vernachlässigbar geringe Belastungen für Mensch und Umwelt auftreten können.

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