Versorgungssicherheit

Mit einem Anteil von 25 Prozent an der Nettostromerzeugung von 2.785 Terawattstunden (2021) ist die Kernkraft die wichtigste Stromerzeugungstechnologie in der EU vor Erdgas, Kohle und Windkraft. Zugleich ist sie damit die bedeutendste Quelle CO2-armer Stromerzeugung. Die Kernenergie vereint dabei eine hohe Verfügbarkeit und Verlässlichkeit zur bedarfsgerechten Deckung des Stromverbrauchs mit einer ausgesprochen klimafreundlichen Stromerzeugung.

Die Kernenergie fügt sich durch ihre hohe Verfügbarkeit und gute Regelfähigkeit problemlos in die bestehende Versorgungsinfrastruktur ein und erfordert keine umfangreichen Ausbaumaßnahmen für die Stromnetze oder Regelungseingriffe zur Netzstabilisierung und bedarf auch keiner zusätzlicher Speicherkapazitäten, gesonderter Vorkehrungen für das Lastmanagement oder sonstiger Eingriffe ins Verbraucherverhalten.

Kernkraftwerke tragen zusammen mit anderen konventionellen thermischen Kraftwerken durch die hohe gesicherte Leistung die Stromversorgung bei hoher Last bzw. geringer Produktion von volatilen erneuerbaren Energien. Ebenfalls tragen sie mit den hohen rotierenden Massen ihrer Turbosätze (Turbinenrotoren und Generator) zu Stabilisierung der Netzfrequenz (Momentanreserve) bei und erbringen weitere wichtige Netzdienstleistungen (Spannungshaltung, Blindleistungskompensation). Kernkraftwerke können sich an der Primärregelleistung und der Minutenreserve beteiligen.

Exkurs Qualität im Stromnetz:

Die Kriterien für die Qualität im Stromnetz sind die Haltung der Frequenz und der Spannung. Die zentrale Regelgröße für die Stabilität des Netzes ist die Frequenz des Wechselstroms im Netz. Diese Frequenz muss im gesamten europäischen Verbundnetz 50 Hertz (Hz) betragen und darf nur geringfügig schwanken. Die Netzregelung, also der Ausgleich von Schwankungen, beginnt bereits bei Abweichungen von 0,01 Hz also bei Frequenzen unter 49,99 Hz bzw. über 50,01 Hz.

Schwankungen der Netzfrequenz werden von Leistungsschwankungen auf der Verbraucherseite – gleichzeitiges Zu- oder Abschalten von größerer Last (= Stromverbrauch) – oder der Erzeugerseite ausgelöst, wenn Erzeugungsleistung plötzlich ausfällt. Auch Störungen im Netz selbst können zu Frequenzabweichungen führen. Der Ausgleich solcher Schwankungen durch die Netzregelung muss sehr schnell erfolgen, damit sich Störungen nicht selbst verstärken. Für die Ausregelung von Schwankungen stehen den Netzbetreibern zeitlich gestaffelt die Momentanreserve, die Primärregelleistung, die Sekundärregelleistung und die Minutenreserve zur Verfügung.

Momentanreserve: automatisch und sofort bereit gestellt von den rotierenden Massen der Turbinen- und Generatorsätze der konventionellen Kraftwerke durch deren Massenträgheit; Erzeugungsanlagen aus erneuerbaren Energien wie Windturbinen oder Photovoltaikanlagen tragen nicht zur Momentanreserve bei.

Primärregelleistung: bereit gestellt durch eine Vielzahl von regelbaren Erzeugungsanlagen im Verbundnetz mit jeweils einem kleinem Anteil an der Erzeugungsleistung, abrufbar innerhalb von 30 Sekunden; im europäischen Verbundnetz müssen insgesamt 3.000 MW Primärregelleistung zur Verfügung stehen.

Sekundärregelleistung: verfügbar innerhalb von 5 Minuten, bereit gestellt v. a. durch Pumpspeicherwerke und Gasturbinen.

Minutenreserve: per telefonischer Anweisung (seit 2012 teilweise automatisiert) von regelbaren Erzeugungsanlagen im Rahmen des Fahrplanbetriebes abgefordert; die Minutenreserve muss innerhalb von 15 ­Minuten abrufbar bzw. ­deaktivierbar sein.

Im europäischen Verbundnetz gilt eine Frequenz von 49 Hz als Alarmwert, bei dem es zu ersten Abschaltungen von Erzeugungsanlagen und von Verbrauchern, also Stromausfällen, kommen kann.

Eine Darstellung zur Versorgungssicherheit im Stromnetz und dessen Funktion findet sich in dieser Publikation:

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Uranversorgung

Zur Versorgungssicherheit gehört auch die gute Verfügbarkeit von Uran auf dem Weltmarkt aus verschiedenen Quellen. Uran und die Dienstleistungen zu seiner Weiterverarbeitung zu Kernbrennstoff wird weltweit gehandelt. Sowohl der Uranbezug der EU als auch die weltweite Förderung sind diversifiziert. Aufgrund seiner hohen Energiedichte ist es gut transportierbar und in erheblichem Umfang lagerbar. In der EU etwa befindet sich insgesamt in verschiedenen Formen und Verarbeitungsstufen der Uranbedarf von ca. drei Produktionsjahren in Lagerung. Darüber hinaus gibt es mit den Beständen an abgereichertem Uran aus der Anreicherung, die weiter abgereichert und damit genutzt werden können sowie dem Plutonium und dem Uran aus der Wiederaufarbeitung mehrere Sekundärquellen, die das importierte Natururan ergänzen können. Aus diesen Gründen wird die Kernenergie von vielen Staaten als wichtiger Baustein für Energieunabhängigkeit betrachtet und entsprechend genutzt oder ausgebaut. Darüber hinaus entfällt im Vergleich zu fossilen Kraftwerken nur ein deutlich kleinerer Teil der Wertschöpfung bei der Kernkraftstromerzeugung auf den (importierten) Energieträger. Der größere Teil liegt in heimischer, technologischer Wertschöpfung insbesondere dann, wenn ein Land auch über eine eigene kerntechnische Industrie und über eigene Anlagen des Brennstoffkreislaufes verfügt, etwa eine Anreicherungsanlage und eine Brennelementfertigung.

Uranreserven

Bei den Reserven und Ressourcen von Uran werden verschiedene Kategorien betrachtet und hinsichtlich der erforderlichen Förderkosten eingestuft. Im Folgenden sollen Reserven und Ressourcen betrachtet werden, die gemäß Einschätzung der Internationalen Energieagentur (IEA) und der Nuclear Energy Agency der OECD für 130 Dollar pro Pfund „Yellow Cake“ (U3O8) gefördert werden können. So gibt es an identifizierten, abbaubaren, konventionelle Uranvorkommen ohne Berücksichtigung der Bergbautechnik des In-Situ-Leaching weltweit 6.147.800 Tonnen Natururan. Durch Nutzung von In-Situ-Leaching (ISL), das heute bereits bei 66 Prozent des geförderten Uran angewendet wird, erhöht sich die Zahl auf 8.070.300 Tonnen Natururan. Zum Vergleich beträgt der weltweite Bedarf aktuell rund 62.000 Tonnen Natururan pro Jahr, so dass die Vorkommen rund 100 oder rund 130 ausreichen. Dazu treten 3.791.700 Tonnen bzw. 4.971.400 Tonnen (mit ISL) an Ressourcen, die mit einer hinreichenden Sicherheit bestätigt sind sowie 2.355.700 Tonnen bzw. 3.098.900 Tonnen (mit ISL) Ressourcen deren Vorhandensein aus den geologischen Daten heraus geschlossen wird, oftmals im Bereich bereits genutzter oder bestätigten Vorkommen. Die drei Ressourcenklassen umfassen also unter Berücksichtigung der ISL-Technik ca. 16,14 Millionen Tonnen Natururan oder rund 260 Jahre des Bedarfs. Trotz der Förderung von Uran steigt durch gezielte Exploration oder sonstige Gewinnung geologischer Kenntnisse der Umfang der Uranressourcen stetig an.

Darüber hinaus gibt es noch so genannte prognostizierte und spekulative Ressourcen im Umfang von 2,86 Millionen Tonnen sowie weitere rund 8,5 Millionen Tonnen in der höchsten Kostenkategorie von 260 Dollar pro Pfund U3O8, die aber absehbar wirtschaftlich nicht zu erschließen sind bzw. technische Fortschritte erfordern um die Förderung kostengünstigen zu machen. Dies gilt auch für einen großen Teil der so genannten unkonventionellen Ressourcen, deren Umfang im zweistelligen Millionen-Tonnen-Bereich liegt.

Ebenso verhält s sich bei der mit Abstand größten bekannten Uranressource, dem Wasser der Ozeane. Hier sind ca. 4 Milliarden Tonnen Uran gelöst, also etwa das hundertfache der Ressourcen des uns technisch zugänglichen Teils der Erdkruste. Da der Ozeanboden durch tektonische Prozesse stetig erneuert wird und immer neues Material auf dem Meeresgrund austritt, aus dem Uran ausgewaschen werden kann, ebenso wie durch Erosionsprozesse von Land, stellt diese Ressource eine erneuerbare Uranquelle dar. Allerdings ist die Nutzung wegen dem niedrige Urangehalt des Wassers heute noch deutlich zu teuer und deshalb unwirtschaftlich.

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